Leseförderung DaF: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 3. April 2020, 06:38 Uhr
Überlegungen zum Thema Leseförderung
Zunächst einmal möchte ich den Begriff Leseförderung kurz klären.
Der Begriff an sich beinhaltet, dass es scheinbar notwendig ist Lesen zu fördern. Dann ist Lesen wohl etwas, das Schüler nicht aus eigenem Antrieb heraus machen. Was Schüler aus eigenem Interesse machen, braucht man eigentlich nicht zu fördern. Das kann man höchstens begleiten.
Meine Schüler (und wahrscheinlich nicht nur meine) zeigen wenig Interesse für Textarbeit. Ist das etwas Neues? Können wir vielleicht den neuen Medien die Schuld geben? Wie muss ich damit umgehen? Das sind so einige Fragen, die dann aufkommen. Nach der Lektüre einiger Fachliteratur zu diesem Thema befürchte ich, dass die Antwort nicht so einfach ist.
Neueste Untersuchungen haben gezeigt, dass Jugendliche im Alter von 12 bis ungefähr 15 Jahren in eine Art Lesemoratorium geraten. Eine Phase, in der sie sich das Lesen einfach abgewöhnen. Gut 70% dieser Altersgruppe hört einfach auf zu lesen. Es geht hier also um ein vorübergehendes entwicklungspsychologisches Phänomen.
Gerade während dieser Phase versuchen wir unsere Schüler in den Sprachfächern für das Lesen zu begeistern. Wir versuchen unsere Schüler lesefit zu halten mit Texten, die unsere Schulbücher anbieten. Dabei haben Untersuchungen ausgewiesen, dass die Texte in unseren Schulbüchern nicht geeignet sind unsere Schüler für das Lesen einzunehmen. Das hatten wir bereits bemerkt und daher sind wir dauernd auf der Suche nach Alternativen, informative Texte aus dem Internet, aus Zeitschriften oder was sonst noch anfällt.
Was genau ist das Problem?
Unsere Schüler wollen eigentlich nicht mehr lesen. Unsere Lehrpläne schreiben es allerdings vor. Die Abiturnote für das Fach Deutsch wird zur Hälfte von der Note für Lesefertigkeit geprägt. Wir müssen uns also irgendwie arrangieren. Das Lesematerial, das in unseren Schulen vorhanden ist, bietet dazu leider genau die falschen Texte an.
Welche Alternativen haben wir und welche sind geeignet?
Oder sollten wir aufhören in der Schule zu lesen? Warten bis das Lesemoratorium vorbei ist? Unsere Lehrpläne anpassen?
Sehen wir uns das Problem einmal genauer an. Schüler hören in dieser Phase ihres Lebens auf spontan zu lesen. Sie haben in der Grundschule die Fertigkeit des Lesens erlernt und wenn man etwas gelernt hat, möchte man es anwenden, ausprobieren. Irgendwann ist der Reiz zu lesen abgeflaut, es gibt wieder Neues zu lernen. Lesen ist etwas geworden, das man beherrscht, es kann vorläufig in den Hintergrund treten. Das bedeutet nicht, dass man es verlernt. Man wendet diese Fertigkeit an, wenn es nötig ist. In der Schule zum Beispiel ist es nötig. Lesefertigkeit braucht man in fast allen Fächern.
In den Sprachfächern wird die Lesefertigkeit sogar benotet, ist sie Teilfach. Hier muss der Schüler lesen um des Lesens willen. Lesen wird hier nicht nur als Fertigkeit angewandt, um sich den Inhalt eines Textes zu erarbeiten. Lesen ist in den Sprachfächern Selbstzweck geworden. Darum fällt es gerade in diesen Fächern auf, wie wenig Schüler aus sich selbst heraus bereit sind zu lesen.
Eigentlich lesen wir doch, weil wir verstehen möchten, nicht weil wir lesen möchten?
Es ist also wichtig diesen Aspekt des Lesens – das Verstehen wollen - in den Sprachfächern nicht aus den Augen zu verlieren. Das Einüben der Lesepraxis muss mit dem Verstehen wollen verknüpft werden. Dazu müssen Schüler einen Anreiz erfahren, einen Text ergründen zu wollen. Da sie im bloßen Lesen selbst kaum mehr einen Anreiz empfinden. Die Phase, das Erwerben der Lesefertigkeit und das damit verbundene Vergnügen und Bedürfnis zu lesen, haben die Schüler dann bereits hinter sich. Jetzt brauchen sie einen anderen Grund, einen Text lesen zu wollen. Der Text muss also einen Inhalt vermuten lassen, der Schüler irgendwie reizt. Dann fangen Schüler an zu lesen. Jetzt geht es darum, dass sie weiterlesen und ganz sicher am Ende erfahren, dass es sich gelohnt hat den Text zu lesen. Die Schüler erfahren eine sogenannte Gratifikation.
Man sollte sich daher sehr um die Eignung eines Textes kümmern
Wir können Schüler mit der richtigen Textauswahl wieder interessieren zu lesen. Sie haben wie schon gesagt, das Lesen nicht verlernt, sie streiken nur zeitweilig, da sich gerade anderes vortut. Bieten wir ihnen jetzt das Falsche an, werden sie sich gegen das Lesen entscheiden. Bieten wir ihnen das Richtige an, lassen sie sich möglicherweise auf ein neues Leseabenteuer ein.
Hier einige wichtige Fragen und Anhaltspunkte für die richtige Textauswahl im DaF-Unterricht
- Welche Altersgruppe?
- Welche Themen / Genres interessieren?
- Welches Gender?
- Wie viel Idiomwissen ist vorhanden?
Diese Fragen lesen sich wie selbstverständlich. Dass es keine Selbstverständlichkeit ist, beweist die Praxis unserer Schulbücher und übrigens auch die Textauswahl für ‚leesexamens‘. Unsere Bücher und ‚leesexamens‘ bieten zum größten Teil Textgenres und Themen an, die unsere Schüler nicht oder nur wenig interessieren, die sie nicht selbst auswählen würden.
- Schüler wollen kein Allgemeinwissen lesen. Sie wollen ganz aktuell lesen, über Sachen, die in ihrem Leben eine Rolle spielen.
- Schüler mögen Geschichten, aber bitte nicht zu lange und zu schwierige!
- Schüler mögen Abenteuer.
- Schüler möchten manchmal aus der Wirklichkeit entführt werden.
- Schüler möchten sich identifizieren mit dem Geschehen in ihrem Text.
- Sie wollen sich amüsieren.
- Sie wollen den Text verstehen.
Literatur?
Sie möchten ihre Schüler mit Literatur vertraut machen? Nicht nur Bücher gehören zu diesem Genre. Gehen sie mal mit Ihren Schülern an eine spannende Kurzgeschichte ran. Haben Sie mal ein Gedicht probiert? Was halten Sie von Märchen oder Fabeln? Schon mal Theater ausprobiert?
Noch einmal zurück zum Begriff ‘Leseförderung‘. Es geht eigentlich um Leseinteresse. Kann man Interesse fördern? Meiner Ansicht nach kann man Interesse höchstens wecken. Und das müssen wir genau richtig machen. Dann bekommen und behalten unsere Schüler Interesse am Lesen, ganz aus sich selbst heraus.
Zum Schluss
Wann macht Ihnen Lesen Spaß? Versetzen Sie sich in ihre Schüler. Befragen Sie sie. Wählen sie nicht einen “guten“ Text, sondern den richtigen Text. Die Schüler werden es Ihnen danken. Und dann noch dies: Stellen Sie sich vor …
- Sie haben ein tolles Buch gelesen, wollen darüber reden oder vielleicht erst nur darüber nachdenken. Dann bekommen Sie den Auftrag eine Arbeit über das Buch zu schreiben …
oder Sie wissen schon vorher, dass Sie nachher …
Relevante Literaturhinweise
Bücher:
- Abraham, Ulf / Matthis Kepser, Literaturdidaktik Deutsch
- Bimmel, P. e.a., Handboek Ontwerpen Talen, Kohnstamm Kennisreeks, Uitgeverij Vossiuspers UvA.
- Dorssemomt, R. en Manderveld, M., Naar meer leesplezier: leesbevordering een eigenwijze aanpak, Uitgeverij De Eenhoorn, 2008.
- Oost, Heinze en Angela Markenhof – Een onderzoek voorbereiden
- Oost, Heinze – Een onderzoek uitvoeren
- Oost, Heinze – Een onderzoek rapporteren
- Verhoeven, Nel, Wat is onderzoek? Praktijkboek methoden en technieken voor het hoger onderwijs
Artikel in Publikationen:
- Bakker, Niels, „Help, de woorden en zinnen ontglippen me.“ Een literair onderzoek naar het lezen van literaire teksten in een digitaal tijdperk (www.stichtinglezen.nl).
- Dormolen van, M. e.a., De doorgaande leeslijn 0-18 jaar, Stichting Lezen Amsterdam 2005.
- Kraaykamp, G., Leesbevordering en leesniveau. De effecten van ouders, bibliotheek en school. In: Raukema, A.M., D. Schram en C. Stalpers (red.), Lezen en leesgedrag van adolescenten en jongvolwassenen, Stichting Lezen Reeks, 5, pag. 209-231, Uitgeverij Eburon Delft 2002.
- Lemaire, C., Lezen doen we samen!: De praktische consequenties van onderzoek naar leesgedrag en leesbevordering, Stichting Lezen Amsterdam, 2004.
- Meeus, W., Ontwikkeling van leesgedrag in de adolescentie, In: Raukema, A.M., D. Schram en C. Stalpers (red.), Lezen en leesgedrag van adolescenten en jong-volwassenen, Stichting Lezen Reeks, 5, pag. 27-36, Uitgeverij Eburon Delft 2002.
- Nicolaas, Martijn: Wat gaat voor: literaire canon of leesplezier?, Uit: Zicht op literatuureducatie en leesbevordering, Cultuurnetwerk Nederland, Utrecht, 2005.
- Piek, K., Zoveel lezen we (niet), Stichting Lezen Amsterdam, 1995.
- Stalpers, C., Het verhaal achter de lezer. Een empirisch onderzoek naar variabelen die verschillen in leesgedrag verklaren, Stichting Lezen Reeks 9, Uitgeverij Eburon Delft 2007.
- Tellegen, S., Lezen straks alleen meisjes nog?, In: Raukema, A.M., D. Schram en C. Stalpers (red.), Lezen en leesgedrag van adolescenten en jongvolwassenen, Stichting Lezen Reeks, 5, pag. 121-133, Uitgeverij Eburon Delft, 2002.
- Tellegen, S. en Frankhuisen, J., Waarom is lezen plezierig?, Stichting Lezen Reeks 2, uitgeverij Eburon Delft 2002.
- Kees Vernooy – Als leerlingen in het voortgezet onderwijs niet goed lezen (speciale uitgave van Levende Talen Magazine over taalbeleid).
- Vriens, J., “Dus jij wilt mij dwíngen om te lezen.” Of: we moeten al zoveel!, Leesgoed, jaargang 37 (maart 2010), nr. 2.
- Vries de, Nienke, Lezen we nog? Een inventarisatie van onderwijs op het gebied van lezen en leesbevordering. Stichting Lezen Amsterdam, 2007.