Grammatische Theorien

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Auf dieser Seite werden drei Grammatikmodelle vorgestellt. Anhand dieser Modelle sollen dann einige Satzanalysen durchgeführt werden und der Frage nachgegangen werden, wie es mit der Anwendbarkeit dieser Modelle im Fremdsprachenunterricht bestellt ist.

In der Syntax begegnet man dem Satz als oberste Forschungseinheit und dem Begriff der Struktur. Struktur im Sinne einer „regelmäßigen Ordnung“. In der Syntax wird nach den Regeln gefragt, die erklären, wie sprachliche Zeichen in einer Sprache miteinander vorkommen, und sie fragt danach, wie sich diese Regeln beschreiben lassen. Es gibt verschiedene Theorien dafür, wie sich ein Satz betrachten und beschreiben lässt, genauso wie wenn man ein und dasselbe Zimmer einmal von der Tür aus und einmal vom gegenüber liegenden Fenster aus beschreibt. Die Beschreibungen sind unterschiedlich, doch handelt es sich um dasselbe Zimmer.

Bei den verschiedenen Grammatiktheorien handelt es sich um unterschiedliche Sichtweisen auf ein und denselben Gegenstand (den Satz). Möchte man den Satz als Ganzes in seiner linearen Abfolge sehen oder nur Abhängigkeiten einzelner Teile/Satzglieder/Konstituenten aufzeigen? Oder ist das Verb Dreh- und Angelpunkt eines Satzes, von dem alles abhängt?

Je nachdem, welcher Standpunkt ausgewählt und welches Ziel mit der Beschreibung verfolgt wird, wird ein Modell benutzt, das diese Ziele/Standpunkte am besten abbilden und beschreiben kann.

Grammatische Theorien im Fremdsprachenunterricht

Es werden jetzt drei Modelle zur deutschen Grammatik vorgestellt. Folgende drei Sätze werden anhand dieser Modelle analysiert und beschrieben:

  1. Ich lache.
  2. Du schreibst einen Brief.
  3. Sie gibt ihm das Buch.

Valenz-/Dependenzgramatik

Das erste Modell (Valenz-/Dependenzgrammatik – Lucien Tesnière) stellt das Verb in den Mittelpunkt der Betrachtung und fragt danach, welche „Ergänzungen“ in diesem Satz zum Verb gehören, welche obligatorisch dabei sind und welche weggestrichen werden könnten, ohne dass der Satz ungrammatisch wird.

Satz 1 hat eine Ergänzung: ich, d.h., das Verb ist „einwertig“. Die Wertigkeit eines Verbs wird also danach bestimmt, wie viele Ergänzungen ein Verb in einem Satz haben muss. Satz 2 ist „zweiwertig“, hat nämlich zwei Ergänzungen: du und einen Brief. Satz 3 ist „dreiwertig“, hat hier drei Ergänzungen: sie, ihm, das Buch.

Dieses Grammatikmodell eignet sich im DaF-Unterricht ganz ausgezeichnet, da bei einigen Wörtern/Verben die Ergänzungen schon festgelegt worden sind, also wenn es nur wenige Alternativen gibt: glauben an, warten auf, verliebt sein in + Kasus.

Generative Grammatik/Konstituentengrammatik

Das zweite Modell (die Generative Grammatik/Konstituentengrammatik – Noam Chomsky) hält den Satz als Ganzes für den Ausgangspunkt der Analyse. Ein Satz besteht aus zwei Phrasen, Teilen (im Rahmen dieses Modells: Konstituenten, die auf einer Ebene stehen. In welchem Netzwerk sind die einzelnen Konstituenten miteinander verbunden?

Der Aufwand dieses Modell ist sehr groß und im Fremdsprachenunterricht dient den allgemeinen Verlauf einer Unterrichtsstunde meistens nicht nur der Grammatik. Dieses Modell ist in allen Fällen gut geeignet, um die Doppeldeutigkeit von Sätzen zu beschreiben und darauf folgend die Abhängigkeiten von Konstituenten voneinander zu veranschaulichen.

Es gibt auch schwierigere Sätze, die sogenannten „doppeldeutigen“ Sätze: „Der Herr grüßt die Dame mit dem Hut“. „Der Herr grüßt die Dame | mit dem Hut“. Diese kommen im Fremdsprachenunterricht aber kaum vor und deswegen wird im Sinne des Umfangs dieses Wiki-Projekts darauf verzichtet.

Beispiele einer Konstituentenanalyse Satz 1 – 2 – 3

S1
NP PRON
VP V
Ich lache

S2
NP PRON
VP V NPakk ART N
Du schreibst einen Brief

S3
NP PRON
VP V NPdat PRON NPakk ART N
Sie gibt ihm das Buch

Traditionelle Grammatik

Das dritte Modell (die Traditionelle Grammatik – Peter Eisenberg, Hermann Gelhaus, Helmut Henne, Horst Sitta und Hans Wellmann) beschreibt die lineare Abfolge im Satz und beschreibt „Satzglieder“. Es geht von einzelnen Aussagen aus und untersucht sie auf ihre Beschaffenheit (Kasus, Numerus, Genus) und ihre Stellung im Satz. Kurzum: Aufbau und Beziehung der Sätze.

Satz 1: Ich (Subjekt), lache (Prädikat)
Satz 2: Du (Subjekt), schreibst (Prädikat), einen Brief (Akkusativobjekt)
Satz 3: Sie (Subjekt), gibt (Prädikat), ihm (Dativobjekt), das Buch (Akkusativobjekt)

Dieses Modell kennen die meisten Schüler schon (aus der Muttersprache). Daher fühlen sie sich wahrscheinlich sicherer, wenn sie neue grammatische Strukturen anhand dieses Modells in der Fremdsprache hinzulernen

Bibliographie

  • Ernst, P. (2011). Germanistische Sprachwissenschaft. Eine Einführung in die synchrone Sprachwissenschaft des Deutschen. Wien: Facultas Verlags- und Buchhandels AG. S.122 ff.
  • Hufeisen, B. & Neuner, G. (1999). Angewandte Linguistik für den fremdsprachlichen Deutschunterricht. Kassel: Langenscheidt. S.7 ff. & S.54 ff.