Interkulturelles Lernen
Denkanstoß
Was ist interkulturelles Lernen?
Beim interkulturellen Lernen werden unterschiedliche, dem Lernenden mehr oder weniger vertraute kulturelle Phänomene in einer Unterrichtseinheit thematisiert, reflektiert sowie verglichen. Dadurch wird nicht nur kulturelles Wissen vermittelt oder Handlungskompetenz entwickelt: Der Unterricht thematisiert auch Einstellungen, Überzeugungen und Wertvorstellungen. Diese können Dimensionen wie z.B. Akzeptanz, Aufgeschlossenheit, Bereitschaft zum kulturellen Perspektivenwechsel, kritische Hinterfragung, Neugier, Reflexion, Sensibilisierung usw. umfassen.
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- Interkulturalität
Interkulturelle Kompetenz
Ziel des interkulturellen Lernens ist die interkulturelle Kompetenz. Diese Kompetenz wird im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen beschrieben (GER) beschrieben.
Laut GER sollten die interkulturellen Fertigkeiten umfassen:
GER, S.106; Quelle |
Das Kompetenzstrukturmodell der Kultusministerkonferenz (KMK) beschreibt drei Ziele:
- Soziokulturelles Orientierungswissen
- Verständnisvoller Umgang mit kultureller Differenz
- Praktische Bewältigung interkultureller Begegnungssituationen [1]
- Video zur Interkulturellen Kompetenz
Beispiel:
Interkulturelle Kompetenzen umfassen mehr als Wissen und mehr als eine Technik. Sie umfassen auch und vor allem Haltungen, die ihren Ausdruck gleichermaßen im Denken, Fühlen und Handeln und ihre Verankerung in entsprechenden Lebenserfahrungen und ethischen Prinzipien haben.
Interkulturelle Kompetenzen beinhalten Einsicht in die Kulturabhängigkeit des eigenen Denkens, Handelns und Verhaltens sowie die Fähigkeit und Bereitschaft zur Wahrnehmung und Analyse fremdkultureller Perspektiven. Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) für den Hauptschulabschluss, S. 14; Quelle |
Interkulturelle Kompetenz und das Zusammenleben mit Flüchtlingen
- Interkulturelle Bildung und Erziehung richtet sich an alle: Deutsche, Flüchtlinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, an Lernende wie Lehrende, an Helfer, Beamte und Politiker.
- Eine wichtige Voraussetzung ist, dass man Flüchtlinge nicht als Opfer sieht. Auch wenn das gemeint sein mag, verhindert diese Einstellung die Auseinandersetzung auf Augenhöhe, gerade auch über unterschiedliche Kultur- und Gesellschaftsvorstellungen.
- Interkulturelle Bildung und Erziehung ist keine "Umerziehung" der "Mehrheit" im Hinblick auf einen toleranten Umgang mit den verschiedenen Minoritäten und umgekehrt, sondern richtet sich an alle Akteure der Gesellschaft mit dem Ziel, ein (optimales) Zusammenleben zu gewährleisten.
- Interkulturelle Bildung und Erziehung entwickelt das Interesse und die Fähigkeit (zum) Vergleich von Kulturen, zielt auf die Veränderungen von Deutungsmustern, Einstellungen und Haltungen.
- Sie ist Teil allgemeiner Bildung. Sie fördert nicht nur die Fertigkeiten im Umgang mit anderen Kulturen, sondern auch die Wahrnehmungs- und Empathiefähigkeiten.
- Sie braucht umfangreiches Wissen und die Fähigkeit, die eigenen Sichtweisen zu hinterfragen und ggf. zu relativieren oder auch ändern zu können.
- Interkulturelle Bildung und Erziehung ist niemals abgeschlossen -> lebenslanges Lernen.
Lernziele der interkulturellen Kompetenz
Affektive
Kognitive
Handlungsorientierte
Didaktische Phasen
Quelle leicht verändert: [2]
Die Motivierungs- und Aktivierungsphase
- Vorwissen aktivieren
- Reaktionen auf ein Impuls formulieren
- Fragen formulieren
- Fragen beantworten
Thematische Differenzierungsphase
- Perspektiven sichtbar machen
- Thema verdeutlichen, abgrenzen
Strukturelle Differenzierungsphase
- Auswahl verschiedener Hilfsmittel zur Bearbeitung der Aufgaben (Informationsquellen, Methoden, Techniken und Strategien für den vertiefenden Umgang mit dem Thema)
Expansionsphase
- thematische Differenzierung weiterentwickeln in Bezug auf Information, Spezifik und/oder Perspektive
- inhaltliche Diskussion auf höherer Ebene führen
- Vergleiche und Reflexionen initiieren
- die Schüler mit der Vielfalt der Aspekte vertraut machen
Integrationsphase
- das zuvor erreichte Diskussions- und Wissensniveau in einer weiteren, deutlich kontroverseren Perspektive gegenüberstellen (von Klassenstufe/Thema abhängig)
- eigene Ansichten selbstsicher und ausdruckssicher vertreten
Inhalte interkulturellen Lernens
nach [3]
- Alltagsthemen, Routinen
- Bedeutungserwerb
- Stereotype und Vorurteile
- Raum und Zeit
- Kommunikative Stile
- Interkulturelle Missverständnisse
- Fiktionale Texte
Aufgaben- und Übungstypologie zum Interkulturellen Lernen
Aufgaben und Übungen zur Wahrnehmungsschulung
- freie Assoziationen zu Bildern
- detaillierte Beschreibungen von Bildern oder Filmsequenzen (Sensibilisierung für eigene Wahrnehmungs- und Verstehensprozesse)
- Was nehme ich als erstens wahr?
- Welche visuellen Reize interpretiere ich wie?
- Inwieweit hängen meine Interpretationen mit meiner Kultur zusammen?
- Hypothesenbildung zu Handlungsabläufen von Bildgeschichten o. Filmsequenzen: (Verdeutlichung des Prozess der Herstellung von Ursache- Wirkungszusammenhangen allgemein und deren Kulturabhängigkeit)
- Bildbeschreibungen im bewussten "klassischen" Dreischritt: (eigene kulturelle Prägung bewusst machen)
- „wahrnehmen/beschreiben,
- Hypothesen bilden,
- persönliche Eindrucke formulieren“,
- Die gleiche Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählen lassen (Bedeutung der unterschiedlichen Stadtpunkte verdeutlichen)
- Übungen zu Sinnestäuschungen, um sich einzelner Sinne bewusster zu werden.
- Diskussionen über Geschichten aus anderen Kulturen, um Grenzen der eigenen Erfahrungen und/oder des eigenen Wissens zu erkennen.
- Szenische Darstellung von "typisch deutschen Eigenschaften" (kleine Situation szenisch darstellen, die anderen sollen erraten, um welche Eigenschaft es sich handelt)
Aufgaben zur Begriffsbildung und Bedeutungserschließung
(Aufgaben und Übungen zur Sprachreflexion)
- Untersuchung eines Wort- oder erweiterten Begriffsfeldes
- Bedeutungskollagen aus Bildern (Begriffsvernetzungen visuell darstellen)
Aufgaben zum Kulturvergleich
- Literarische Texte oder Filme als Zugang zu einer fremden Welt / Analyse von Alltagssituationen in diesen Werken, Kontrastierung
- Analyse von kulturspezifischen Werten in Werbung
- Recherchen oder Befragungen zu Zeit- und Raumkonzepten, Aspekten des Alltagslebens im Internet oder wenn möglich mit Vertretern der Zielsprache/ Zielkultur
- Rollenspiele, Diskussionen zu Situationen, bei denen sich die Lernenden aus einer Auswahl von möglichen Verhaltensweisen für die kulturell angemessenste entscheiden sollen. Die Darstellung von Lösungsmöglichkeiten kann kulturspezifische Verhaltensweisen bewusst machen und kontrastiert werden.
- Sammeln und diskutieren von Redewendungen, die häufig zu interkulturellen Missverständnissen führen.
Aufgaben zur Entwicklung kommunikativer Kompetenz in interkulturellen (Kontakt-)Situationen
Typisch Deutsch - Umgang mit der Zeit
Typisch Deutsch - Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps
Deutschlandlabor: Mentalität
- Folge 16: Mentalität: https://youtu.be/LlsFaXThc84
Weiterführende Links
Der Referenzrahmen für plurale Ansätze (REPA)
- Hauptseite des Referenzrahmen(s) für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen - http://carap.ecml.at/ - = „Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen“ (REPA) ist ein Instrument zur Beschreibung interkultureller und mehrsprachiger Kompetenzen, die auch im DaF-Unterricht aufgebaut werden sollen.
- Die Datenbank REPA - Unterrichtsmaterialien online bietet Unterrichtsmaterialien zu den pluralen Ansätzen zu Sprachen und Kulturen.
- Dokument mit den Hauptkategorien herunterladen
- Gesamtes Dokument (Liste der Ressourcen in drei Sprachen) herunterladen
- (REPA)- Ein Meilenstein in der Arbeit des Europäischen Fremdsprachenzentrums des Europarates (EFSZ) Der Beitrag in Babylonia (Die Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen) von Susanna Slivensky gibt einen Überblick über das Profil des EFSZ und über den Stellenwert des Referenzrahmens für plurale Ansätze in diesem Kontext.
- REPA - Interkulturelle Kompetenzen im Unterricht (Goethe-Institut)
Weitere Links
- Szenariendidaktik als Lernraum für interkulturelle Kompetenzen im erst-, zweit-und fremdsprachigen Unterricht
- Interkulturelles Lernen www.cornelsen.de/daz - Themen:
- Vielfalt will gelernt sein von Birk Grüling auf Zeit-Online (24. März 2015); "Mehrsprachigkeit wirkt positiv auf die kognitiven Fähigkeiten."
- Essay "Der Graben gegenseitiger Unkenntnis" von Eva Quistorp (22.09.2015)
- Interkulturelles Lernen und Arten interkulturellen Trainings (PDF)
- Berichte über das Buch hier Focus und hier SZ
- Interview mit Nikolaus von Wolff, Autor des Buches "Wir schaffen das ..."
- Handreichung Interkulturelle Bildung und Erziehung (Land Berlin), Quelle: http://daz-lernwerkstatt.de
- Max Frisch: Heimat – ein Fragebogen
Einzelnachweise
- ↑ Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) für den Hauptschulabschluss, S. 8; Quelle
- ↑ https://zif.spz.tu-darmstadt.de/jg-14-2/docs/HoelscherRocheSimic.pdf
- ↑ Bechtel, Mark. (2003). Interkulturelles Lernen beim Sprachenlernen im Tandem. Eine diskursanalytische Untersuchung (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik). Tübingen: Narr, 50 ‐ 87
- ↑ Bachmann, S., Gerhold S., Wessling G. Aufgaben- und Übungstypologie zum interkulturellen Lernen mit Beispielen aus Sichtwechsel – neu, in: Zielsprache Deutsch 27(2). 1996, S. 77-91.
- ↑ http://www.arch.kyrlibnet.kg/uploads/KGUSTA.BEISCHEBAEVA%20J.A.,AGYBAEVA%20J.B..pdf