Lernspiele im Sprachunterricht

Aus ZUM Deutsch Lernen
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Lernspiele sind eine beliebte Arbeitsform beim Erlernen einer Fremdsprache. Spielend können echte Situationen vorbereitet werden.

Spielen und Lernen

Spielen und Lernen werden häufig als entgegengesetzte Tätigkeiten aufgefasst:

Spielen ist kindlich oder zumindest nicht sonderlich ernst zu nehmen, Lernen ist ernst oder hier wird hart gearbeitet. Dieses schwarzweißgezeichnete Bild hat inzwischen viele Zwischentöne erhalten. Aus der 5ozialisationsforschung wissen wir, wie wichtig Spiele für die Entwicklung von Kindern sind, und ein wachsender Spielboom bis hin zu den Videospielen erfasst zunehmend auch die ,Erwachsenen‘. Piloten werden durch Simulation trainiert und ganze Führungsmannschaften der Industrie setzen sich Spielereien aus.

Im Deutschunterricht wird Spielen dagegen meist nur als Lückenfüller eingesetzt, wenn am Ende der Unterrichtsstunde noch einige Minuten übrig geblieben sind. Fremdsprachenlernen ist aber in erster Linie Training, in dem Spielen als Übungsform von großer Bedeutung sein könnte.

Üben und Anwenden des erlernten Stoffes sind ein zentrales Problem beim Lernen. Im Fremdsprachenunterricht geht es hierbei nicht nur um das Wissen über die Zielsprache, sondern vielmehr um das adäquate Gebrauchen-Können. „Üben heißt Wiederholen“ (Hans Aebli), diese Maxime gilt auch und insbesondere für den Sprachunterricht. Dem Vergessen muss entgegengewirkt werden, das Erlernte muss verfestigt werden und es muss automatisiert werden, so dass es ohne längeres Nachdenken parat ist.

Soll Lernen nicht zum bloßen Pauken verkommen, dann ist es notwendig, das Üben für den Schüler abwechselungsreich zu gestalten. Hierzu ist die Verwendung verschiedener und motivierender Übungsformen eine Voraussetzung. Lernspiele sind hier eine wichtige Ergänzung.

Für den Fremdsprachenunterricht sind mannigfaltige Spielformen sinnvoll: vom Memory-Spiel bis hin zum großangelegten Rollenspiel. Renate Löffler[1] entwickelt eine Typologie für die verschiedenen Spielarten, indem sie von drei Aktivitätsbereichen ausgeht. Es sind dies:

  • das sprachliche Reagieren und Agieren, in dem „bestimmte Fertigkeiten, der Gebrauch von Strukturen und Wendungen erworben und gefestigt wird. Er baut also Sprachkompetenzen auf und wir bezeichnen ihn mit Lernen.“
  • die Notwendigkeit oder die Absicht, etwas oder jemanden durch das eigene verbale und nonverbale Verhalten so zu zeichnen, dass das Gemeinte für die Umwelt sichtbar und verständlich wird. Diesen Bereich umschrieben wir mit Darstellen.
  • die Interaktion mit dem Spielpartner, das Interagieren.

Diese drei Bereiche lassen sich in allen Spielformen finden. Je nach dem Spieltyp wird jedoch einer besonders betont. Dann können wir von Lernspielen, darstellenden Spielen und Interaktionsspielen sprechen.

Bei Lernspielen liegt der Akzent auf dem Erwerb und der Festigung sprachlicher Fertigkeiten (z.B. Ratespiele, Sprechspiele, Vokabelspiele).

Bei darstellenden Spielen steht das Darstellen im Vordergrund (z.B. Sketche, Spielen einer Szene).

Interaktionsspiele betonen sprachliches und außersprachliches Agieren (z.B. Kooperationsspiele, Simulationsspiele, Rollenspiele).

Diese Typologie enthält zugleich eine didaktische Progression: Lernspiele sind einfach, planbar und fertigkeitsorientiert, während Interaktionsspiele komplex, nicht genau planbar und problemorientiert sind.

Üben mit Lernspielen

Das Üben mit Lernspielen hat den großen Vorteil, dass alle Schüler — oder zumindest die große Mehrheit — aktiv am Geschehen beteiligt werden. Langeweile und Unlust können also verhindert werden. Die Situation, in der gelernt wird, ist nicht mühevoll konstruiert, wie das beim Fremdsprachenunterricht nötig ist, sondern durch das Spiel deutlich vorgegeben. Zudem sind viele Spielformen den Schülern schon bekannt, und sie werden als Abwechslung von den Schülern gerne aufgenommen. Und schließlich können heterogene Schülergruppen effektiv arbeiten, da die Schüler versuchen können, je nach ihren unterschiedlichen Voraussetzungen, das Ziel auf ihre Art und Weise zu erreichen.

Für die Verwendung von Lernspielen werden von drei Bedingungen genannt:

  1. Lernspiele müssen im Zusammenhang mit dem übrigen Unterricht stehen.
  2. Lernspiele müssen „normale“ Spiele sein.
  3. Lernspiele dürfen nicht aufwendig sein.

Die dritte Bedingung ist vor allem für Lehrer einsichtig: Lernspiele, die zu viel Vorbereitung erfordern, sind bei der begrenzten Vorbereitungszeit nicht häufig im Unterricht einzusetzen. Einsichtig ist auch die zweite Forderung; Lernspiele sollen normale Spiele sein, sie sollen also Spaß machen. Sie haben ein Ziel, das außerhalb des fremdsprachlichen Unterrichtsziels angesiedelt ist: eine Aufgabe wird gelöst, ein Gewinner wird gefunden. Da häufig Zufall oder Geschicklichkeit eine Rolle spielen, hat auch der im Fach schwächere Schüler eine Chance zu gewinnen.

Die erste Bedingung ist vor allem von Bedeutung, sollen Lernspiele systematisch als Übungsform und nicht als „Pausenfüller“ gebraucht werden. Es ist notwendig, dass sie sich auf das schon Erklärte und anderweitig Geübte beziehen. Dieser logische Zusammenhang ist nicht nur bei der Unterrichtsplanung zu berücksichtigen, vielmehr sollte auch den Schülern deutlich gemacht werden, was das Lernziel dieser Übung ist.

Was kann mit Lernspielen geübt werden?

Allgemeine Überlegungen

Ihres besonderen Charakters wegen eignen sich Lernspiele vor allem zum Verfestigungslernen. Das Sprachhandeln ist vorrangig reproduzierender Art. Worte, idiomatische Wendungen und kürzere grammatikalische Strukturen können mit ihnen wiederholt werden.

Sie lassen sich für das Training aller vier Fertigkeiten anwenden. Neben den typischen Lese-, Schreib-, Hör- und Sprechspielen gibt es viele Spiele, mit denen die Fertigkeiten kombiniert trainiert werden. Immer gefragt ist natürlich die Aufmerksamkeit der Teilnehmer.

Durch eine Veränderung der Spielregeln lassen sich ganz gezielt bestimmte Strukturen üben. Ein Beispiel: Beim Spiel „Kofferpacken“ müssen Gegenstände benannt werden, die „mitgenommen“ werden sollen.

Spiel „Kofferpacken“

Der erste Spieler nennt einen Gegenstand auf Deutsch und jeder weitere fügt einen hinzu. Der, der etwas vergisst, scheidet aus, oder die Gruppe bemüht sich, einen Rekord aufzustellen. Man kann hier zur Bedingung machen, dass einfach Substantive im Singular gebraucht werden. Ebenso ist es aber nicht möglich, den bestimmten oder den unbestimmten Artikel bzw. den Plural oder sogar ein dazugehöriges Adjektiv mit richtiger Endung zu verlangen. Durch die Satzvorgabe (z.B. „Im Koffer ist ...,“ oder „Wir nehmen mit ...“) kann entweder der Nominativ oder der Akkusativ notwendig werden. Dies ist in ähnlicher Weise bei vielen anderen Spielen möglich; mit ein wenig Phantasie ist es also leicht, für die zu übende Struktur ein passendes Lernspiel zu finden.

Vorbereitung von Lernspielen

Zuerst muss das Spiel ausgewählt und gegebenenfalls verändert werden. Bei manchen Spielen ist zudem Material vorzubereiten. Und schließlich ist genau zu prüfen, ob die Schüler über die notwendigen Redemittel verfügen oder ob diese zusätzlich zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese Redemittel, das können nur einzelne Wörter aber auch größere sprachliche Strukturen sein, können über Arbeitsblätter oder an der Wandtafel bereitgestellt werden. Die Spielregeln müssen deutlicht erklärt werden, eventuell können sie im Klassenzimmer schriftlich sichtbar gemacht werden (Projektor, Wandtafel oder Wandzeitung). Sie müssen eindeutig sein und können, falls dies erforderlich ist, auf Niederländisch erklärt werden Häufig ist allerdings das Vormachen die beste Verständnishilfe für Schüler.

Wie bei allen Übungsformen gilt auch hier, dass die Schüler auch die Übungsform erlernen müssen. Gelingt die Durchführung also nicht auf Anhieb, so sollte man deswegen nicht die Schuld gleich beim Spiel suchen.

Durchführung und Nachbereitung

Bei der Durchführung des Spieles soll der Lehrer nicht im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Er kann sich zurückziehen, Schiedsrichter oder Beobachter sein oder einfach mitspielen.

Während bei vielen Spielen eine angemessene Fehlertoleranz nötig erscheint und eine Korrektur in der Regel nach dem Spiel erfolgen soll, um den Fortgang nicht zu unterbrechen, so ist beim fertigkeitsorientierten Lernspiel eine unmittelbare Korrektur und ein direktes Eingreifen möglich und zuweilen sogar erforderlich. In einer Nachbesprechung des Spiels in der Klasse können Fehlerfelder nochmals behandelt werden.

Literaturhinweise

  • Bouwstenen voor het MTV onderwijs in het vmbo. Nr. 41. Tilburg: Mesoconsult, 2006.
  • Lohfert, Walter: Kommunikative Spiele für Deutsch als Fremdsprache: Spielpläne und Materialien für die Grundstufe. München, 1983.
  • Maley, Alan und Alan Duff: Szenisches Spiel und freies Sprechen im Fremdsprachenunterricht. München: Hueber, 1981.
  • Schmitt, Udo: Buchstabensalat. 60 Lernspiele für Deutsch als Fremdsprache. München: Verlag für Deutsch, 1981.
  • Sion, Christopher (Hg.) 88 Unterrichtsrezepte Deutsch als Fremdsprache. Stuttgart: Klett, 1995.
  • Werkplaats talen: Waar praten we over? 26 lesideeën voor gespreksvaardigheid in moderne vreemde talen. NaB-MVT, 2007.

Anmerkungen

  1. Löffler, Renate: Spiele im Englischunterricht. München: Urban und Schwarzenberg

Siehe auch