Fossilierung
Im Zusammenhang mit DaF/DaZ bezeichnet der Begriff Fossilierung einen Prozess, bei dem sich bestimmte sprachliche Fehler oder Unzulänglichkeiten bei Lernenden dauerhaft im Sprachgebrauch verfestigen und nicht mehr korrigiert werden können. Oft wird dieser Begriff verwendet, um die Schwierigkeiten von Lernenden zu beschreiben, die trotz fortgeschrittener Sprachkenntnisse bestimmte Fehler beibehalten, die normalerweise in früheren Lernstadien aufgetreten sind.
Fossilierung tritt auf, wenn sprachliche Strukturen oder Aussprachemuster, die nicht der Zielsprache entsprechen, sich festigen und im Sprachgebrauch der Lernenden verankern. Diese Fehlbildungen können verschiedene Aspekte der Sprache betreffen, wie Grammatik, Aussprache, Wortschatz oder idiomatische Ausdrücke.
Beispiele
Grammatikalische Fossilierung
Angenommen, ein Deutschlerner verwendet über einen längeren Zeitraum unkorrekte grammatische Strukturen, wie falsche Wortstellung im Satz oder falsche Verbformen. Selbst wenn der Lehrer oder die Lehrerin diese Fehler korrigiert, kann es sein, dass sich diese Fehler dauerhaft im Sprachgebrauch des Lernenden verfestigen. Zum Beispiel könnte ein Lernender dazu neigen zu sagen: „Ich habe gestern ein Buch interessant gelesen.“ statt „Ich habe gestern ein interessantes Buch gelesen.“.
- Fehler bei der Verwendung von Zeitformen: Beispiel: „Ich habe schon dort gewesen.“ anstelle von „Ich bin schon dort gewesen.“.
- Verwendung von Muttersprachenelementen: Beispiel: Übernahme von grammatischen Strukturen oder Redewendungen aus der Muttersprache.
- Falscher Artikelgebrauch: Beispiel: Verwendung von „der“ anstelle von „die“ oder umgekehrt.
Phonetische Fossilierung
Ein anderer Aspekt der Fossilierung kann die Aussprache betreffen. Nehmen wir an, ein Deutschlerner hat Schwierigkeiten mit bestimmten deutschen Lauten und spricht sie immer wieder falsch aus. Trotz Korrekturen und Übungen kann es passieren, dass diese falsche Aussprache dauerhaft wird. Zum Beispiel könnte ein Lernender Schwierigkeiten haben, den deutschen Laut „ü“ korrekt auszusprechen und stattdessen „u” verwenden, was bei einem Wort wie „fünf“ dann klingt wie „funf“.
Lexikalische Fossilierung
Auch auf der Ebene des Wortschatzes kann Fossilierung auftreten. Stellen Sie sich vor, ein Deutschlerner verwendet kontinuierlich ein falsches Wort, um etwas auszudrücken, und dies wird trotz Korrekturen beibehalten. Ein Beispiel könnte sein, wenn ein Lernender immer wieder das deutsche Wort „Möglichkeit“ mit „Gelegenheit“ verwechselt und diese falsche Verwendung trotz Korrekturen beibehält.
- Unregelmäßigkeiten im Gebrauch von Modalverben: Beispiel: Verwendung von „wollen“ anstelle von „möchten“.
- Fehlerhafte Präpositionen: Beispiel: „Ich bin interessiert in Kunst.“ anstelle von „Ich bin an Kunst interessiert“.
Fossilierungen in verschiedenen Sprachen
Fossilierungen können in verschiedenen Sprachen unterschiedlich sein und hängen oft von der jeweiligen Muttersprache, dem sprachlichen Umfeld und der Art des Spracherwerbes der Lernenden ab.
Hier sind einige beispielhafte Fossilierungen, die bei Deutschlernenden mit verschiedenen Muttersprachen auftreten können:
- Türkisch:
- Falsche Verwendung von Fällen: Beispiel: Verwechslung der deutschen Kasus, insbesondere bei Dativ und Akkusativ.
- Probleme mit der Aussprache bestimmter Laute: Beispiel: Schwierigkeiten bei der korrekten Aussprache des deutschen "r" oder "ch"-Lauts.
- Falsche Wortstellung: Beispiel: Übernahme der türkischen Wortstellung, die sich von der deutschen unterscheiden kann.
- Arabisch:
- Schwierigkeiten mit den deutschen Vokalen: Beispiel: Unterschiede in der Aussprache der deutschen Vokale im Vergleich zu den arabischen Vokalen.
- Fehler im Gebrauch von Artikeln
- Spanisch:
- Probleme mit der deutschen Wortbetonung:
- Fehler bei der Verwendung von Modalverben:
- Niederländisch:
- Ähnlichkeit von Wörtern mit dem Deutschen: Beispiel: Übernahme von niederländischen Wörtern, die dem Deutschen ähnlich klingen, aber unterschiedliche Bedeutungen haben.
- Fehler bei der Verwendung von wenn/als:
- Fehler bei der Bildung von Nebensätzen, insbesondere der richtigen Wortstellung von Hilfsverben
- Artikel
In all diesen Beispielen zeigt sich die Fossilierung als eine Art "Versteinerung" von sprachlichen Fehlern, die trotz Bemühungen um Korrektur und Lernfortschritt persistieren ("fortdauern", "fortbestehen" oder "ausharren" - "Persistieren" wird oft verwendet, um auszudrücken, dass etwas trotz Widerständen oder Änderungsversuchen weiterhin vorhanden oder aktiv bleibt.). Es unterstreicht die Bedeutung einer gezielten Fehlerkorrektur und sprachlichen Unterstützung durch Lehrkräfte, um die Bildung von Fossilien zu vermeiden.
Gründe für Fossilierungen
Es gibt mehrere Gründe, warum Fossilierung auftreten kann.
- Fehlende Korrektur: Wenn Lernende über einen längeren Zeitraum keine angemessene Rückmeldung zu ihren sprachlichen Fehlern erhalten, besteht die Gefahr, dass sich diese festigen.
- Interferenz der Muttersprache: Lernende neigen dazu, Strukturen ihrer Muttersprache in die Zielsprache zu übertragen. Wenn diese Übertragungen nicht korrigiert werden, können sie sich verfestigen.
- Individuelle Lernstile und Strategien: Einige Lernende entwickeln individuelle Strategien, um sprachliche Herausforderungen zu bewältigen, die möglicherweise nicht den Regeln der Zielsprache entsprechen.
Es ist wichtig zu betonen, dass nicht alle sprachlichen Fehler dauerhaft bleiben und dass nicht alle Lernenden davon betroffen sind. Lehrerinnen und Lehrer sowie das gesamte soziale Umfeld (Freunde und Familie) sollten jedoch bewusst darauf achten, häufig auftretende Fehler zu identifizieren und gezielte Rückmeldungen zu geben, um Fossilierung zu verhindern. Durch gezieltes Training, bewusste Fehlerkorrektur und die Förderung von Selbstkorrekturstrategien können Lehrende dazu beitragen, die Fossilierung bei Lernenden zu minimieren.