Profile Deutsch
Profile Deutsch (PD) ist eine "Referenzbeschreibung" der Kannbeschreibungen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) und besteht aus einem Buch (mit einer beiliegenden CD-Rom), das im Klett Langenscheidt Verlag erhältlich ist (siehe Link und Literatur).
Entstehungsgeschichte
Nach einer Initiative des Goethe-Institut es und des Europarates im Jahre 1997, also noch vor dem offiziellen Erscheinen des GER erschien die erste Fassung der PD im Jahre 2002. Das Projekt entstand aus einer trinationalen Kooperation des Goethe-Instituts, dem (Österreichischen) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, dem ÖSD (=Österreichischem Sprachdiplom Deutsch), der EDK (= Eidgenössische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren) und den Universitäten Klagenfurt und Freiburg-Fribourg (CH). 2005 entstand die 2. Fassung, in der auch die Niveaustufen (des GER) C1 und C2 berücksichtigt wurden.
Zur Struktur von Profile Deutsch (PD)
PD besteht aus 5 (unveränderbaren) Bestandteilen, sowie Gruppenprofilen, die ergänzt oder neu angelegt werden können.
Fünf unveränderliche Bestandteile
Kannbeschreibungen (global und detailliert)
Sämtliche Skalen des GER sind in PD integriert und können über die CD-Rom angesteuert werden. Die detaillierten Kannbeschreibungen stimmen mit den Kannbeschreibungen der 56 Skalen des GER überein. Sie beschreiben detailliert, was Lernende auf einer bestimmten Lernstufe tun können (sollten). Ein Beispiel: Rezeption mündlich:
- "Kann wichtige Einzelinformationen von Radiosendungen über Themen von persönlichem oder allgemeinem Interesse, die in klarer Standartsprache vermittelt werden, verstehen." (PD:137) Als konkretes Beispiel wird angegeben: "Kann dem Wetterbericht im Radio entnehmen, ob sie am nächsten Tag segeln gehen kann." (ebd.)
Dies entspricht der GER-Skala Radiosendungen und Tonaufnahmen verstehen, dort die Stufe B1,2,
- "Kann den Informationsgehalt der meisten Tonaufnahmen oder Rundfunksendungen über Themen von persönlichem Interesse verstehen, wenn deutlich und in der Standartsprache gesprochen wird." (GER:73).
Die Zuordnung der Kannbeschreibungen von PD zu der jeweiligen Skala setzt allerdings eine genaue Kenntniss beider Dokumente voraus, da in PD nicht angegeben ist, aus welcher Skala die Kannbeschreibung entnommen ist.
Der Status der globalen Kannbeschreibung in PD und GER ist nicht nur schwer nachvollziehbar, der Begriffshintergrund der globalen Kannbeschreibung unterscheidet sich vom GER. In PD bedeutet eine globale Kannbeschreibung, wie gut Lernende etwas tun können (PD:56/57), die globalen Kannbeschreibungen entsprechen damit den Deskriptoren des GER! Im GER kommt das Wort globale Kannbeschreibung nicht vor, es gibt aber eine "Globalskala" (GER:35) und damit wären die Kannbeschreibungen dieser Skala die globalen Kannbeschreibungen. Diese Niveaustufen (von A1 bis C2) sind sicherlich der bekannteste Teil des GER, werden aber im GER NICHT als Kannbechreibungen, sondern als gemeinsame Referenzniveaus bezeichnet (siehe Kapitel 3 des GER).
Sprachliche Mittel
Die sprachlichen Mittel von PD bedeuten den Wortschatz, um sprachlich handeln zu können. Dabei wird unterschieden zwischen Sprachhandlungen, thematischem Wortschatz und allgemeinen Begriffen. Letztere sind Gegenstände, Existenz, Raum, Zeit, Quantität, Eigenschaften und Relationen, von den es wieder Untergruppen gibt. Auch die Sprachhandlungen sind in 7 Gruppen geordnet, die die "Sprechakte" der Kontaktschwelle Deutsch als Fremdsprache um eine Sprachhandlung ergänzen (vgl. Kontaktschwelle:51ff). Der Begriff "Sprechakt" wird allerdings in Profile Deutsch nicht benutzt (vgl. PD:74).
Die (bisherigen) Sprachhandlungen sind Informationsaustausch, Bewertung, Gefühlsausdruck, Handlungsregulierung, soziale Konventionen, Redeorganisation und neu hinzugekommen: Kulturspezifische Aspekte. Die Abgrenzungen sind manchmal schwer zu ziehen.
Schließlich gibt es noch den thematischen Wortschatz in 15 Themenbereichen: von Informationen zu Person zu Politik und Gesellschaft reicht die Spannweite. Die Themen sind wieder in Übereinstimmung mit der Kontaktschwelle (dort S. 233ff, PD: 70).
Ein entscheidendes Problem bei Profile Deutsch war, dass die sprachlichen Mittel jenseits von B2, also auf den GER-Stufen C1 und C2 nicht mehr bestimmt werden können, es gibt einfach zu viele mögliche Situationen, zu viele Varietäten und Fachwortschätze, je nach den Gebieten des jeweiligen Sprachbenutzers (oder der -benutzerin). Aus diesem Grund hatte die erste Ausgabe von PD nur einen Umfang von A1 bis B2. Deshalb ist in 2. Auflage das (elektronische) Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache (des Langenscheidt-Verlages) integriert worden.
Grammatik
Die deutsche Grammatik auf den GER-Ebenen A1 bis B2 ist in PD unter systematischen und funktionalen Aspekten dargestellt. Man geht davon aus, dass Lerner bis zum Niveau B2 alle grammatischen Phänomene kennen gelernt haben und dass es auf der Ebene C1 und C2 um den aktiven Gebrauch dieser Mittel geht. Die Grammatik orientiert sich hierbei an die Skala zur grammatischen Korrektheit aus dem GER (114). Es handelt sich bei der Grammatik von PD nicht um eine Erwerbsgrammatik, "...sie möchte lediglich einen Eindruck vermitteln auf welcher Ebene welches sprachliche Erscheinung vermittelt werden könnte." (PD,CD-Rom > Grammatikübersicht > Bemerkung)
Texte
Ein weiteres Element von PD sind Textsorten und Textmuster. Die Textsorten lassen sich nicht zu einem Niveau zuordnen. Die Textsorten werden nach Kanal (mündlich, schriftlich), Interaktion (zeitgleich, zeitversetzt) und Medien (etwa Telefon, Buch oder "Neue Medien", PD: 93/94) unterscheiden. Auch werden die Zwecke der Kommunikation berücksichtigt (Werbung, Unterricht), ferner die Lebensbereiche (privat, öffentlich, beruflich und Bildungsbereich). Die konkrete Realisierung der jeweiligen Textsorte ergibt das Textmuster (PD:95). Das Textsorte "Brief" wird durch persönlichen Brief oder offiziellen Brief realisiert. Eine Textsorte (oder ein Textmuster) e-Mail oder SMS findet sich allerdings nicht.
Strategien
Es finden sich 2 Typen von Strategien in PD: Lern- und Prüfungsstrategien einerseits und kommunikative Strategien andererseits. Die kommunikativen Strategien sind nach rezeptiven, produktiven, interaktiven und Sprachmittlungsstrategien gegliedert und folgen damit auch der Einteilung des GER. Die kommunikativen Strategien sind aufgefasst als mentale Pläne, die durch bestimmte Techniken realisiert werden (können). Da es für jede Strategie eine Vielzahl von (möglichen) Techniken gibt, können die Strategien von PD umfassend nur durch die CD-Rom dargestellt werden, im Buch würden sonst seitenlange Listen stehen, die auch noch verschiedenen Strategien zugeordnet werden können. Strategien und Techniken können ergänzt und auf dem Computer abgespeichert werden.
Veränderliche Bestandteile: Gruppenprofile
PD ist erweiterbar. Es finden sich auf der CD-Rom und im Buch 4 Gruppenprofile, die verschiedenen Szenarien zugeordnet worden sind. Mittels der vorhandenen Kannbeschreibungen, der Grammatik, den Texten, sprachlichen Mitteln und den Strategien können neue Gruppenprofile angelegt und auf dem Computer abgespeichert werden. Die sprachlichen Mittel und die Strategien können somit genauer bestimmten Situationen (Szenarien) zugeordnet werden. Alle generierten Dateien (etwa Wortschatzlisten oder Techniken sind über Word- oder Excel-Dateien einfach exportierbar. Innerhalb der Gruppenprofile kann ein für den jeweiligen Unterricht passendes Curriculum erstellt werden.
Zur Arbeit mit Profile Deutsch
Es wäre nützlich, wenn sich mehrere Nutzer finden würden, die auf dieser Seite (oder auf der Diskussionsseite) ihre Nutzungserfahrungen einbringen würden.
Eine (erste) Meinung
Diese Seite ist nicht zuletzt deshalb angelegt worden, um einen genaueren Überblick über das komplexe Werk Profile Deutsch zu bekommen. Selbst wenn man sich gut in den GER eingearbeitet hat, ist Profile Deutsch schwer zu verstehen. Dies liegt an der ungeheuren Menge von Daten, an den vielen Kannbeschreibungen und sprachlichen Mitteln. Die Kannbeschreibungen sind zu einem großen Teil über den GER empirisch kallibriert worden. Woher die sprachlichen Mittel und die Strategien stammen, ist allerdings unklar. Die Grammatikzuordnung erscheint auf den ersten Blick zwar logisch, aber auch sie ist nicht empirisch untermauert worden. Es wäre möglich (gewesen), Profile Deutsch nach und nach durch konkrete Szenarien empirisch zu untermauern (leider ist mir ein solches Projekt nicht bekannt!). Es bleibt aber schwierig, sich in PD einzuarbeiten; Schulungen oder Erfahrungsberichte von anderen KollegInnen wären sehr sinnvoll. Deutsch ist die erste Sprache, die über eine Konkretisierung der Kannbeschreibungen des GER, wie Profile Deutsch, verfügt. Da der GER ein sehr komplexes Dokument ist, ist natürlich Pofile Deutsch entsprechend komplex. Deshalb sind flankierende Maßnahmen notwendig. Auch diese Seite (überhaupt die ganze Gemeinschaft ZUM) könnte helfen, notwendige Kooperationen zur Weiterentwicklung und Realisierung der Absichten von Profile Deutsch zu befördern. --AI, 16. Juni 2011 Bitte ändere den Inhalt dieses Beitrags nicht. Denn er gibt eine persönliche Meinung wieder. |
Link
Siehe: "Profile-Deutsch" beim Goethe-Institut
Literatur
- Baldegger, M., Müller, Schneider, G., Kontaktschwelle Deutsch als Fremdsprache, Hg. v. Europarat, Langenscheidt, Berlin u.a. 1980, ISBN 3-468-49450-5
- Trim, J., North, B., Coste, D., Sheils, J., Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen, Hg. v. Europarat, Übersetzung v. J. Quetz, R. Schiess, U. Skoeries, G. Schneider (Skalen), Langenscheidt, Berlin u.a. 2001, ISBN 3-468-49469-6
- "Profile deutsch", Niveau A1-A2, B1-B2, C1-C2, m. CD-ROM, Langenscheidt-Verlag (ISBN 3-468-49463-7) Von Manuela Glaboniat, Martin Müller, Paul Rusch u. a. (Lernzielbestimmungen, Kannbescheibungen, Kommunikative Mittel), Berlin/München 2005