Hirnforschung: Unterschied zwischen den Versionen
K (hat „Gehirnforschung“ nach „Hirnforschung“ verschoben: geläufigerer Begriff) |
K (→Siehe auch: Neurobiologie) |
||
Zeile 50: | Zeile 50: | ||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
* [[Gehirn]] | * [[Gehirn]] | ||
* [[Neurobiologie]] | |||
[[Kategorie:Deutsch als Fremdsprache]] | [[Kategorie:Deutsch als Fremdsprache]] | ||
[[Kategorie:Psychologie]] | [[Kategorie:Psychologie]] | ||
[[Kategorie:Sprachen]] | [[Kategorie:Sprachen]] |
Version vom 9. Juni 2010, 22:19 Uhr
Das Gehirn in der Pubertät: Hindernis für selbständiges Lernen
In den meisten weiterführenden Schulen fängt die erste Unterrichtsstunde oft schon um 8.00 Uhr oder sogar manchmal noch früher an. Von Schülern in der Pubertät wird immer mehr selbständiges Lernen und Planen erwartet. Aber sind Pubertierende dazu auch imstande?
Bis vor einem Jahrzehnt noch gingen Wissenschaftler davon aus, das Gehirn des Menschen sei schon vor der Pubertät vollständig entwickelt. Man glaubte sogar, die Hirnentwicklung sei schon im Alter von 6 Jahren zu etwa 95 Prozent abgeschlossen, höchstens wüchse das Gehirn noch in Einzelkeiten weiter. Erst durch neue Untersuchungs- und Forschungsmethoden wurde vor einigen Jahren deutlich, dass die Entwicklung des Gehirns bis ins Erwachsenenalter anhält. In der Pubertät verändert sich das Gehirn sehr eingehend, was zum kennzeichnenden pubertierenden Verhalten führt. Auch glaubte man bis vor kurzem, lediglich Sexualhormone seien für dieses Verhalten verantwortlich.
Das Heranwachsenenalter wird oft nicht als eine gesonderte und einmalige Entwicklungsphase gesehen. Es ist eine Zeit in der einzigartige Veränderungen in intellektuellen Kapazitäten geschehen, emotionale Ausschweifungen und Empfindlichkeit für die Meinung von gleichaltrigen im Umfeld gehören auch dazu.
Aus sogenannten “Hirnscans” resultierte neuerdings: die Entwicklung des menschlichen Gehirns dauert bis weit über das 20. Lebensjahr hinaus.
Dieses Forschungsergebnis ist besonders wichtig in Bezug auf das Denken über selbstständiges Lernen, Planen usw. in Realschulen und Gymnasien in den Niederlanden.
Eine riesige Baustelle
In den ersten Jahren eines Menschenlebens wächst das Gehirn sehr schnell. Ständig werden neue Nervenverbindungen gebildet. Junge Kinder sind hierdurch besonders lernfähig, sie können alles aufnehmen, ohne Probleme verschiedene Sprachen lernen. In der Pubertät ändert sich Vieles: Das Gehirn setzt Schwerpunkte.
Während der Pubertät finden noch weitere große Änderungen statt. Zuerst entwickeln sich die Hirnbereiche für Sprache und räumliches Denken. Das sogenannte Präfrontalhirn, das vor allem für Planung, gedankliche Kontrolle, Unterdrückung von Impulsen, Organisation, Abwägen von Konsequenzen, Motivation und Entscheidungsbildung verantwortlich ist, bildet sich zuletzt aus. Dieser Wachstumprozess kann bis ins dreißigste Lebensjahr andauern. Deshalb gehen z.B. Jugendliche oft große Risiken ein und vernachlässigen Angelegenheiten, wobei sie die Folgen nicht übersehen können. Auch fällt es ihnen schwer, die Gefühle anderer Menschen und die daraus resultierende Situation richtig einzuordnen. Pubertierende sind oft launisch und gereizten Stimmungen unterworfen. Nicht so verwunderlich: ihr Gehirn ist gerade in dieser Lebenszeit eine riesige Baustelle.
Und dazu kommen noch die Hormone ...
Das pubertierende Gehirn wird gleichzeitig noch durch hormonelle Einflüsse mit neurochemischen Stoffen überflutet. Sexualhormone sind besonders aktiv, was zu einem Pulverfass von Gefühlen führt. Weiter ändert sich das Schlafmuster Pubertierender tiefgehend. So wird das Schlafhormon Melatonin ab der Pubertät nur verzögert gebildet. Hierdurch findet eine wichtige Veränderung des Biorhythmus statt und damit im Schlaf-Wachrhythmus des Heranwachsenden. Jugendliche werden erst spät am Abend müde. Viele gehen erst kurz vor Mitternacht ins Bett und können dann oft noch nicht einschlafen. Wenn morgens früh der Wecker klingelt, sind sie unausgeschlafen. Und das, während Jugendliche in der Pubertät mindestens neun Schlafstunden brauchen…..Sie erhalten diesen Schlaf allerdings beinahe nie. Es besteht das Risiko, dass Heranwachsende hierdurch zu wenig Schlafen aufbauen. Das Schlafdefizit kann großen Einfluss auf ihr Verhalten haben, außerdem ist es schwieriger gewonnene Information zu behalten.
Es ist wichtig zu wissen, dass das normale Veränderungen sind, die zur Pubertät gehören. Einen Heranwachsenden, der nicht in die Pubertät kommt und im Alter von sechzehn Jahren noch mit Murmeln spielt, kann man sich nicht vorstellen.
Funktionieren des Gehirns und lernen
Wie löst man eine schwierige Rechenaufgabe? Warum können so einfach eine zweite Sprache lernen, wenn wir jung sind, aber nicht mehr wenn wir älter sind? Warum gibt es Kinder, die schlauer sind als andere? Wir verstehen immer besser, dass diese Fertigkeiten von spezifischen Gebieten unseres Gehirns gesteuert werden. Einerseits wurde in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit an das Wissen über das Gehirn erforscht, und was wir andererseits von Jugendlichen/Schülern in der Schule erwarten.
Was bedeutet dies alles für ‘Selbstständiges Lernen’?
Es wäre ein Mythos zu glauben, dass Jugendliche im Alter von 15 Jahren schon sehr selbständig lernen und arbeiten können. Unter Zugrundelegung der Hirnwissenschaft kann man annehmen, dass Jugendliche Begleitung und Dialog mit dem Lehrer brauchen. Das kommt dadurch, dass sich das Gehirn im Heranwachsendenalter noch in der Entwicklung befindet. Es gibt darum ein Limit wie viel Selbständigkeit man von einem Gehirn erwarten kann. Gerade die Gehirngebiete sind für das gute Planen wichtig, aber diese haben den Erwachsenenstatus noch nicht erreicht. Diese reifen noch und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Gehirngebieten ist noch nicht optimal. Der Lehrer soll ihnen Struktur und Einsicht geben, sie anregen und komplementieren. Jugendliche möchten zwar Selbständigkeit, also auch selbständig lernen, aber sie brauchen Deutlichkeit zu dem, was von ihnen erwartet wird.
Und wie wär’s mit mindestens einer Stunde später Unterrichtsanfang? In den Niederlanden wechseln die Anfangszeiten in Schulen, aber eine Schule, die um acht Uhr morgens beginnt ist kein Einzelfall. Solange noch frühe Schulzeiten auf dem Plan stehen, ist es wichtig um das Schlafdefizit so viel wie möglich einzuschränken. Die meisten Heranwachsenden profitieren davon, am Wochenende so viel wie möglich auszuschlafen. Das ist kein aufständisches oder träges Verhalten; der Heranwachsende benötigt das, um in der darauf folgenden Woche in der Schule wieder Leistung zu bringen. Wenn es nicht möglich ist, die Schule später beginnen zu lassen, plan die ersten zwei Stunden Fächer wie Sport und Kunst ein, statt für Mathe oder klassische Sprachen.
Schüler und planen
Um eine gute Planung zu machen, muss man allerlei verschiedene Fähigkeiten haben. Planen erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Kontrollfunktionen: Flexibilität, Informationen filtern, Gedächtnis, Multitasking, Feedback gebrauchen, aufmerksam sein.
Alles in allem ist Planen eine ziemlich komplexe Angelegenheit, wodurch man im Stande sein muss, um Prioritäten zu setzen und Ablenkungen zu widerstehen, so dass man weit gesteckte Ziele erreichen kann. Hierbei braucht man eine ganze Reihe von Gehirngebieten.
Quellen
- www.hersenenenleren.nl
- www.starke-eltern.de
- J/M PUBERS, januari 2007
- Het puberende brein, Eveline Crone
- Puberbrein binnenstebuiten, Huub Nelis en Yvonne van Sark