Hirnforschung

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Das Gehirn in der Pubertät: Hindernis für selbständiges Lernen

In den meisten weiterführenden Schulen fängt die erste Unterrichtsstunde oft schon um 8.00 Uhr oder sogar manchmal noch früher an. Von Schülern in der Pubertät wird immer mehr selbständiges Lernen und Planen erwartet. Aber sind Pubertierende dazu auch imstande?

Bis vor einem Jahrzehnt noch gingen Wissenschaftler davon aus, das Gehirn des Menschen sei schon vor der Pubertät vollständig entwickelt. Man glaubte sogar, die Hirnentwicklung sei schon im Alter von 6 Jahren zu etwa 95 Prozent abgeschlossen, höchstens wüchse das Gehirn noch in Einzelkeiten weiter. Erst durch neue Untersuchungs- und Forschungsmethoden wurde vor einigen Jahren deutlich, dass die Entwicklung des Gehirns bis ins Erwachsenenalter anhält. In der Pubertät verändert sich das Gehirn sehr eingehend, was zum kennzeichnenden pubertierenden Verhalten führt. Auch glaubte man bis vor kurzem, lediglich Sexualhormone seien für dieses Verhalten verantwortlich. Aus sogenannten “Hirnscans” resultierte neuerdings: die Entwicklung des menschlichen Gehirns dauert bis weit über das 20. Lebensjahr hinaus. Dieses Forschungsergebnis ist besonders wichtig in Bezug auf das Denken über selbstständiges Lernen, Planen usw. in Realschulen und Gymnasien in den Niederlanden.

Eine riesige Baustelle

In den ersten Jahren eines Menschenlebens wächst das Gehirn sehr schnell. Ständig werden neue Nervenverbindungen gebildet. Junge Kinder sind hierdurch besonders lernfähig, sie können alles aufnehmen, ohne Probleme verschiedene Sprachen lernen. In der Pubertät ändert sich Vieles: Das Gehirn setzt Schwerpunkte. Während der Pubertät finden noch weitere große Änderungen statt. Zuerst entwickeln sich die Hirnbereiche für Sprache und räumliches Denken. Das sogenannte Präfrontalhirn, das vor allem für Planung, gedankliche Kontrolle, Unterdrückung von Impulsen, Organisation, Abwägen von Konsequenzen, Motivation und Entscheidungsbildung verantwortlich ist, bildet sich zuletzt aus. Dieser Wachstumprozess kann bis ins dreißigste Lebensjahr andauern. Deshalb gehen z.B. Jugendliche oft große Risiken ein und vernachlässigen Angelegenheiten, wobei sie die Folgen nicht übersehen können. Auch fällt es ihnen schwer, die Gefühle anderer Menschen und die daraus resultierende Situation richtig einzuordnen. Pubertierende sind oft launisch und gereizten Stimmungen unterworfen. Nicht so verwunderlich: ihr Gehirn ist gerade in dieser Lebenszeit eine riesige Baustelle.

Und dazu kommen noch die Hormone……

Das pubertierende Gehirn wird gleichzeitig noch durch hormonelle Einflüsse mit neurochemischen Stoffen überflutet. Sexualhormone sind besonders aktiv, was zu einem Pulverfass von Gefühlen führt. Weiter ändert sich das Schlafmuster Pubertierender tiefgehend. So wird das Schlafhormon Melatonin ab der Pubertät nur verzögert gebildet. Dadurch werden Jugendliche erst spät am Abend müde. Viele gehen erst kurz vor Mitternacht ins Bett und können dann oft noch nicht einschlafen. Wenn morgens früh der Wecker klingelt, sind sie unausgeschlafen. Und das, während Jugendliche in der Pubertät mindestens neun Schlafstunden brauchen…..

Was bedeutet dies alles für ‘Selbständiges Lernen’?

Es wäre ein Mythos zu glauben, dass Jugendliche im Alter von 15 Jahren schon sehr selbständig lernen und arbeiten können. Unter Zugrundelegung der Hirnwissenschaft kann man annehmen, dass Jugendliche Begleitung und Dialog mit dem Lehrer brauchen. Der Lehrer soll ihnen Struktur und Einsicht geben, sie anregen und komplimentieren. Jugendliche möchten zwar Selbständigkeit, also auch selbständig lernen, aber sie brauchen Deutlichkeit zu dem, was von ihnen erwartet wird. Und wie wär’s mit mindestens einer Stunde später Unterrichtsanfang? Oder, wenn dies nicht möglich ist, die zwei ersten Stunden Fächer wie Sport und Kunst einzuplanen statt Mathe oder klassischen Sprachen?


Quellen

  • www.hersenenenleren.nl
  • www.starke-eltern.de
  • J/M PUBERS, januari 2007
  • Puberbrein binnenstebuiten, Huub Nelis en Yvonne van Sark

Siehe auch